Was heißt hier Kulturwandel?

© Raimond Spekking - Deutsche-Bank-Hochhaus Frankfurt am Main - CC-BY-SA-3.0 (Wikimedia Commons)

WARNUNG: Verwaister Fußnotenstart-Tag-Shortcode gefunden.

Wenn diese Warnung irrelevant ist, deaktiviere bitte die Syntax-Validierungsfunktion im Dashboard unter Allgemeine Einstellungen > Fußnoten Start- und Ende-Shortcodes > Prüfe auf ausgeglichene Shortcodes.

Unausgeglichener Start-Tag-Shortcode zuvor gefunden:

“Hier die Kehrseite der Medaille: „Keine Frage, dass der Mann dort der Bank die mehreren hundert Millionen Euro wert war, die er im Laufe der Zeit verdient hat. Aber es war ein Geschäft häufig auf Kosten Schwächerer, ohne gesellschaftliche Rückkopplung“.”

Ungefähre Lesezeit (inklusive Fußnoten): 3 Minuten

Alle sprechen von Kulturwandel, wenn es um Änderungen bei der Deutschen Bank geht. Und generell, wenn der Zusammenhang von vermuteten oder echten kriminellen Handlungen mit bestimmten Geschäftsmodellen diskutiert wird. Ich bin immer davon ausgegangen – und tue es auch heute noch – dass der Kapitalismus, trotz aller Ungeheuerlichkeiten und realen Verbrechen, die vor allem in der Wertschöpfungskette vorkommen, vom Prinzip her ein rationales und legales System darstellt. Verbrechen sind dann eher die Ausnahme und gehen tatsächlich auf das persönliche Verhalten der Akteure zurück. Seit der Bankenkrise, aber auch vorher schon über den Enron-Skandal ((Wirtschaftsethisch gut aufbereitet von Ulrich Thielemann 2005. Das Dokument hat den Titel „Der Fall Enron(s). Ein Anlass, über den wirtschaftsethischen Status von
Managementintegrität nachzudenken„.)), bekomme ich immer wieder Zweifel daran. Warum schweigt die HVB zum Fall Mollath? Warum wird in der Deutschen Bank systematisch der Staat betrogen, wie die SZ hier schreibt? Beides sind Fälle, die dem Management und den Führungskräften bekannt sein müssten. Beide Fälle legen die Frage nach einer echten Verantwortung der Konzernleitung nahe. Und 2010 war mindestens noch Josef Ackermann aktiver Vorsitzender der Deutschen Bank. Trägt er eine persönliche Schuld daran?

Raimond Spekking - Deutsche-Bank-Hochhaus Frankfurt am Main - CC-BY-SA-3.0 (Wikimedia Commons)
Werden die Türme der Deutschen Bank zu mehr als einem Symbol für einen problematischen unternehmensethischen Fall? Viel spricht dafür. Ich bin mal gespannt, wie über die Verantwortungsfrage diskutiert wird.
Bild (= Beitragsbild als Ausschnitt): Raimond Spekking – Deutsche-Bank-Hochhaus Frankfurt am Main. Verwendung unter den Bedingungen der Creative Commons (BY-SA) – Namensnennung und Verwendung unter gleichen Bedingungen.

Verantwortlichkeit und Verantwortung …

Vielleicht sollte neben einer moralischen Verantwortlichkeit tatsächlich eine juristische Verantwortung im Sinne einer persönlichen Haftung für Vorstände (und Aufsichtsräte) erfolgen. Das ein oder andere Vergehen wäre damit sicher verhindert worden. Aber führt so etwas in großem Stil zu einem „moralischerem“ Verhalten? Die genannten Vorfälle stellen auf jeden Fall ein echtes unternehmensethisches Problem dar, das weder mit dem Verweis auf Compliance, noch mit dem Appell an das „tugendhafte“ Handeln der Mitarbeiter /-innen abgetan werden kann. Aber vielleicht ist deshalb so oft die Rede von neuen Regeln oder gar einem Kulturwandel, weil das Kernproblem unangetastet bleiben soll. ((Davon abgesehen, dass selten eine Unterscheidung zwischen Kultur und moralischen Standards oder ethischen Überlegungen erfolgt.)) Denn was bedeutet in so einem Fall denn Kultuwandel bzw. was für ein Unternehmenskultur muss man sich konkret bei der Deutschen Bank vorstellen? Handelt es sich tatsächlich um eine Unternehmenskultur, in der in einem breiten Umfang echte Delikte begangen werden um das unternehmerische Ziel zu erreichen? ((„Das Gericht verurteilte die Banken zu je einer Million Euro Strafe und ordnete die Einziehung von insgesamt 87 Millionen Euro an. Neun Bankmitarbeiter wurden zu Bewährungsstrafen von bis zu acht Monaten verurteilt“. (SZ-Online v. 19.12.2012 unter http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/urteil-zu-riskanten-zinswetten-italiens-justiz-knoepft-sich-deutsche-bank-vor-1.1555378))

… als Teil des Systems

„Sie alle waren Teil des Systems. Getriebene“. ((Beise, M. (2012): Wenn ein Brandstifter das Feuer löschen soll. Unter SZ-Online v. 19.12.2012. URL: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kulturwandel-bei-der-deutschen-bank-wenn-ein-brandstifter-das-feuer-loeschen-soll-1.1554296)) Das Problem ist ja mittlerweile, dass die Vorwürfe von Steuerhinterziehung und der Vernichtung von Beweisstücken nicht mehr nur die Manager und Führungkräfte allein treffen, sondern (auch) viele normale Mitarbeiter. ((Interessant ist sicher auch die Rolle der Arbeitnehmervertretungen in solchen Krisen. „Viele Mitarbeiter glauben, dass die Razzia überzogen war. ‚Da schließen sich die Reihen‘, heißt es aus dem Arbeitnehmerlager“. (a.a.O.)) „Ich kenne einen von denen – das war ein ganz kleiner Mitarbeiter, einer wie ich. Der hat gar nichts gemanagt, sondern seine ganz normale Arbeit gemacht“ (Zitat aus dem Artikel von Andrea Rexer). ((Rexer, A. (2012): Neue Regeln für das alte Spiel. In: SZ-Online v. 18.12.2012. URL: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-bank-neue-regeln-fuer-das-alte-spiel-1.1554167)) Wenn man nun noch betrachtet, dass, wiederum am Beispiel der Deutschen Bank, riskante Zinswetten für viele (italienische) Gemeinden als Betrug untersucht werden, wie hier beschrieben, dann fügt sich das Ganze doch zu einem Bild zusammen. Einem anderen allerdings, als es mit einem Kulturwandel zu beschreiben wäre. Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie es derzeit abgehandelt wird.

Nicht (nur) eine Frage der Unternehmenskultur

Ich glaube, dass das Kernproblem nur bedingt mit der Unternehmenskultur zu tun hat. Schon viel eher mit einer Ideologie. Vor allem aber mit den angesprochenen Regeln in großen Unternehmen. Dies gilt vor allem für die internen Vereinbarungen der Leistung und Entlohnung. „Doch bei allen Bekenntnissen zum Wandel, ist eines geblieben: Das gnadenlose Streben nach Bestleistungen“. ((Hier die Kehrseite der Medaille: „Keine Frage, dass der Mann dort der Bank die mehreren hundert Millionen Euro wert war, die er im Laufe der Zeit verdient hat. Aber es war ein Geschäft häufig auf Kosten Schwächerer, ohne gesellschaftliche Rückkopplung“. ((Beise a.a.O.)) So die weiteren Ausführungen bei Andrea Rexer. Wenn das stimmt, dann werden alle ehtischen Veränderungen und jeglicher kultureller Wandel ad absurdum geführt. Das lässt sich nicht nur theoretisch, wie beispielsweise bei der Begründung variabler Leistungsvergütungsanteile ((siehe hierzu beispielsweise Frey & Osterloh 2011 unter http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2011/08/irrweg-variable-leistungsentlohnung/)), begründen, sondern auch empirisch zeigen. Mindestens eine große Empirie, die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008, hatten wir schon einmal. Und entsprechende Analysen. Man müsste eigentlich nur etwas daraus lernen um zu sehen, dass das tatsächlich einen Kulturwandel bedeuten würde. Einen, der andere Kriterien in den Vordergrund stellt als eine möglichst hohe Rendite und absolute persönliche „Leistung“. Dafür aber wiederum sehr viel nachhaltiger im Wortsinne wäre.

Nachtrag 1 (06. Juni 2015)

Nicht nur die Ideologie muss sich ändern – auch die konkreten Strukturen. Das habe ich – soweit ich es heute wieder gelesen habe – zumindest nicht ausdrücklich genug betont. Es geht nicht um eine neue tugendhafte Kultur in Unternehmen – es muss konkrete und transparente Verfahrensvorschriften, Organisationsregeln und letztlich demokratietauglichen bzw. nachaltigen Aufbau von Unternehmen geben. Mit anderen Worten: In einem demokratischen Unternehmen wäre das nicht passiert. Das ist jedenfalls meine feste Überzeugung.