Ich freue mich über Obamas Wiederwahl

Ungefähre Lesezeit (inklusive oft umfangreicher Anmerkungen in Form von Fußnoten): 2 Minuten

Ich hatte es gehofft – und doch hätte ich es fast nicht geglaubt. Dass Obama noch einmal Präsident der USA wird. Das freut mich nicht nur aus der Perspektive der sozialen Errungenschaften, die Barack Obama selbst in den USA erreichen konnte. Auch wenn sie nicht dem entsprechen, was notwendig wäre und im Wahlkampf 2008 propagiert wurde. Dennoch: den „blanken Sozialismus“ für viele – weiße – Amerikaner durchzusetzen und die Rolle eines starken Staates für die sozial Schwachen zu betonen ist mir äußerst sympathisch. Was nicht heißen soll, dass ich keine Kritik an der Präsidentschaft von Obama hätte. Aber vielleicht waren auch meine Hoffnungen in ihn und einen „Systemwechsel“ von Anfang an zu groß. Ein Land und seine (politische) Kultur ändert sich nicht mit einem Wechsel des Präsidenten. Das zeigte der verbissene Wahlkampf überdeutlich.

The Obama-Biden Transition Project - Porträt von Barack Obama
Foto: The Obama-Biden Transition Project. Wikimedia CC 3.0 (BY-SA).

Nicht nur Nicolas Richter hält in seinem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hier fest, dass das (Gegen-) Programm der Republikanischen Partei, das Mitt Romney vertreten sollte, vielleicht ein letzter Aufstand der weißen Männer ist. Und die Republikaner der letzte „Hort der Bleichgesichter“, wie Christian Wernicke hier schrieb. Denn die meisten ethischen, kulturellen und religiösen Minderheiten haben mit großer Mehrheit Barack Obama gewählt. Damit sind jedoch nicht die Minderheiten zur Mehrheit geworden, wie Nicolas Richter titelt, sondern die weißen männlichen Amerikaner werden in ein paar Jahren die große Minderheit in der Gesamtbevölkerung darstellen. Die Wahl repräsentiert vielmehr das, was Amerika in meinen Augen immer stark gemacht hatte – auch wenn es zu einer echten Gleichberechtigung nie gereicht hat: Der multikulturelle Aufbau und die Tatsache, sich als Einwanderungsland zu verstehen.

Nun bin ich gespannt, wie es weitergeht. Auf jeden Fall verbinde ich mit der Wahl die Hoffnung, dass die Gesellschaft in den USA nicht noch mehr aus den Fugen gerät bzw. sich nicht noch mehr in die (überwigend weißen) Gewinner und (ethnisch anderen) Verlierer spaltet. Und dass sich vor allem die enorme Differenz zwischen arm und reich nicht noch weiter entwickelt. Und letztlich auch, dass es in Fragen der nachhaltigen Entwicklung weiter geht – wie auch der neuen globalen Sicherheitsarchitektur.

Nachtrag vom 03.01.2015

Die schlechten Bewertungen der Regierungszeiten von Präsident Obama zeigen in meinen Augen zwei Dinge überdeutlich:

  • Gerade in modernen Demokratien in ihrer Komplexität können Veränderungen der Gesellschaft nicht über eine einzelne „Hoffnungsfigur“ geschehen, denn
  • es müssen auch die sozio-kulturellen Grundlagen verändert werden. Das wiederum ist ein äußerst langwieriger Prozess der nur stattfindet, wenn es eine breite Möglichkeit der Beiligung aller Betroffenen gibt. Was oft genug sehr schwer zu organisieren ist.